Bamako
  [nicht mehr im Kino - Release: 18. Januar 2007]
   
 

Afrika hält Gericht • Was für eine grossartige Idee: Abderrahmane Sissako lädt uns ein in Malis farbenfrohe Hauptstadt Bamako, wo er im Hof des Hauses seines verstorbenen Vaters eine Gerichtsverhandlung in Szene setzt, in jenem Hof, in dem er selber seine Jungend verbracht hat. Doch keine Angst, das ist alles andere als trockene Faktenbeigerei: Spannungsgeladen präsentiert sich die hier in Szene gesetzte Verhandlung gegen die Weltbank und den Internatio-nalen Währungsfonds, die ja eigentlich da wären, ausgleichend zu wirken im Weltmarkt. Munter läuft während der Gerichtsverhandlung im Hof das Leben weiter. Die geniale Idee von Sissako war es, Gericht zu halten im Alltag, denn aus ihm heraus wird so vieles, was diskutiert wird, ganz beiläufig sichtbar, wahrnehmbar, erkennbar. Und darüber hinaus spielt der Alltag aufs Unterhaltsamste seine Streiche. Natürlich schweift Sissakos Blick immer wieder ab, widmet er sein Interesse Randfiguren im globalen Game, um die Widerwärtigkeit der nördlichen Arroganz umso sichtbarer zu machen. Er ist auch ein hochsensibler Porträtist. Wenn die Welt heute voller Wunden ist, dann aufgrund einer langen Geschichte, die gerne vergessen geht, wenn man das Heute betrachtet. Sissako führt uns dies am Beispiel Afrikas im Innenhof seines Hauses vor Augen und vor Ohren. Luzid sind die Auseinandersetzungen und Äusserungen, real existierende Figuren und erfundene spielen ineinander über und miteinander, um von dem zu reden, was ist. Und von dem, was sein könnte. Zu Letzterem freilich würde so etwas wie Bewusstsein gehören, nicht nur ein Bewusstsein fürs Eigene sondern eben auch eines fürs Andere, für die Existenz des Anderen. Bamako ist für mich der dringlichste Film zur Zeit: Stiller Aufschrei, luzide Einsicht.


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REGIE:
Abderrahmane Sissako
PRODUKTION:
Denis Freyd
Abderrahmane Sissako
CAST:
Aïssa Maïga
Maimouna Hélène Diarra
Balla Habib Dembélé
Djénéba Koné
Hamadoun Kassogué
William Bourdon
Danny Glover
DREHBUCH:
Abderrahmane Sissako
KAMERA:
Jacques Besse
SCHNITT:
Nadia Ben Rachid
TON:
Dana Farzanehpour
AUSSTATTUNG:
Mahamadou Kouyaté

LAND:
Mali
USA
Frankreich
JAHR: 2006
LÄNGE: 117min