Die schillernde Wirtin - Bal a l’üna
  [nicht mehr im Kino - Release: 12. Februar 2009]
   
 

Leben und Tod der Aussenseiterin Paula Roth – verfilmt von Kuno Bont • Rund 20 Jahre sind vergangen, seit die 1918 geborene Wirtin, Heilerin und Aussenseiterkünstlerin Paula Roth einem Raubmord zum Opfer fiel. Nun legt der Ostschweizer Filmemacher Kuno Bont mit "Bal a l’üna" ein behutsames Doku-Drama vor, das schon bei den Solothurner Filmtagen lief und jetzt in die Kinos kommt.

Ein Feuer lodert, ein weisser Jeep fährt durch die Winterlandschaft, zwei Kriminalbeamte schreiten über den Kiesweg, überwinden die Absperrung und sichten Paula Roths Leiche im Eingangsbereich der Gastwirtschaft Bellaluna am Fusse des Albulapasses. "Es ist genau das passiert, was wir immer befürchtet haben", sagt ein Dorfbewohner. "Paula kann nicht auf normalem Weg ab der Welt." Was nicht verwundert, hat doch die 70-Jährige auch kein gewöhnliches Leben geführt. Aber da sie niemandem zur Last fiel, liess man sie gewähren.

Der Kuhhandel
Das war nicht immer so. Als "Fräulein" darf die 22-Jährige im ausserrhodischen Rehetobel nur unter der Bedingung wirten, dass ein Mann die Landwirtschaft übernimmt. So wird sie 1941 vom Vater kurzerhand mit einem Aktivdienstler verkuppelte. Ein Kuhhandel, wie die Wirtin später zu Protokoll gibt. Der eifersüchtige Ehemann kann es nicht leiden, wenn sich seine lebenslustige Frau mit den Gästen abgibt und setzt ihr zur Kontrolle die Schwiegermutter ins Haus. Nach dem zweiten Kind lässt sich die junge Ehefrau scheiden. Die Kinder werden dem Mann zugesprochen. Paula Roth passt nicht ins Bild der braven Ehefrau und Mutter. Die Nachbarinnen sagen ihr nach, sie habe keine rechte Ordnung im Haus und die Kinder seien unsauber gekleidet. Auch das psychiatrische Gutachten fällt nicht zu ihren Gunsten aus. Die eigenwillige Frau sprengt den engen Rahmen, den Gesellschaft und Psychiatrie Mitte des letzten Jahrhunderts für Ehefrauen und Mütter vorgeben.

Das Ãœbersinnliche
Paula Roth lässt sich nicht unterkriegen. Das Übersinnliche fasziniert sie. Ein Naturheiler führt sie in die Geheimnisse der Salben und Heilwasser ein. Bald ist sie als Hexe und Kupplerin verschrien. Obwohl sie nach einigen Zwischenstationen als Wirtin und Eigentümerin der "Bellaluna" Fuss fasst, haftet ihr der Ruf der Spinnerin bis zum Lebensende an. Sie kultiviert ihn auch selbst, nimmt kein Blatt vor den Mund, treibt ihre Spässe und unterhält ihre teils illustren Gäste am Harmonium. Den Banken traut sie nicht. Lieber versteckt sie ihre Einnahmen in Büchsen und Strümpfen, was ihr schliesslich zum Verhängnis wird.

Der Hexentanzplatz
Die Waldlichtung vor dem Gasthaus soll einst als Hexentanzplatz gedient haben. So durchzieht das lodernde Feuer den Film ebenso wie die Suche nach den Raubmördern und die Gerichtsverhandlung in Chur. Das Bündner Musiker-Duo Flurin Caviezel und Franco Mettler unterstreichen die stimmungsvollen Aufnahmen mit ruhigen Klängen, die wiederholt ins Schräge abgleiten. Wie damals Paula Roth.


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REGIE:
Kuno Bont
DREHBUCH:
Kuno Bont
Lucette Achermann
KAMERA:
Daniel Schierscher
Peter Sonderegger
MUSIK:
Flurin Caviezel
Franco Mettler

LAND:
Schweiz
JAHR: 2009
LÄNGE: 78min